Frederick Loewe/Alan Jay Lerner
My Fair Lady
Regie: Paul-Émile Fourny
Das Musical My Fair Lady hatte schon vor seinem Entstehen eine sehr erbauliche Wegzeichnung im Schauspiel Pygmalion des irischen Schriftstellers George Bernard Shaw erfahren. Nebst der subtilen Gesellschaftskritik wird es auch durch romantische Untertöne und eine zurückhaltende erotische Spannung zwischen den Protagonisten Eliza und Henry bestimmt. Shaws Text wurde vielleicht noch spöttischer, als durch die "konventionelle" musikalische Invention von Frederick Loewe zum Libretto von Alan Jay
Lerner, durch die gesellschaftliche Schichtenbildung und Verlogenheit der Höflichkeitsetikette sog. hohen Gesellschaft des entwickelten kapitalistischen Westens, vor allem der britischen Monarchie, unterstrichen. Das Drama von Shaw bereitet die Episode aus Ovids epischer Dichtung Metamorphosen, in der der zypriotische Bildhauer Pigmalion erwähnt wurde, auf. Dieser unterlag dem Laster der künstlerischen Schöpfung – einer Frauenstatue, die im Künstler erotische Begierde erweckte. Danach
erwachte die Statue zum Leben und wurde zur leiblichen Verwirklichung des Eros. Das Musical in zwei Aufzügen My Fair Lady stellt die gesellschaftliche Elbogentaktik von Eliza Doolittle, einer jungen und ambitiösen, doch nachlässigen und unkultivierten Blumenverkäuferin aus der Londoner Vorstadt Cockney in den Vordergrund. Sie möchte sich mit besserem Benehmen und einer raffinierten Sprache auf jeden Fall in die hohe Gesellschaft durchringen, deshalb sucht sie nach fachlicher Unterstützung und
findet sie beim pedanten und aufgeblasenen Professor der Phonetik Henry Higgins. Schon die erste Broadwayproduktion im Jahr 1956 mit dem legendären Schauspieler Rex Harrison und der allseitig talentierten Sängerin und Schauspielerin Julie Andrews sagte dem Musical eine erfolgreiche Zukunft vorher. Die späteren Aufführungen am Londoner West End (im Jahr 1958) und danach wieder am Broadway festigten das Musical noch zusätzlich in den Spielplänen der Musiktheater. Unzählige Musikritiker
bezeichneten das Werk als ein vollkommenes Musical, weil es allen Kriterien gerecht wird, die einen Erfolg sichern: neben der erkennbaren und dem naiven Ohr zugänglichen Melodien rühmt es sich auch mit einer gefälligen Geschichte, einer etwas spöttischen, doch unbeschwerten Gesellschaftskritik und mit komischen Figuren und Situationen, mit denen sich das Publikum immer wieder identifizieren kann.