Giuseppe Verdi
Aida
Regie: Pier Francesco Maestrini
Giuseppe Verdi erreichte seinen zweiten schöpferischen Höhepunkt, das heißt nach seinem Opernmeisterwerk Rigoletto, das er mit achtunddreißig Jahren geschrieben hatte, mit der Oper Aida, die er im Auftrag des ägyptischen Khediven Ismail Pascha, anlässlich der Eröffnung des Suezkanals im Jahr 1871 geschrieben hatte. Die Geschichte für die Oper (bzw. deren Szenarium) lieferte der französische Ägyptologe Eduard Mariette Bey, das Libretto kam von Antonio Ghislanzoni. Die monumentale Oper in vier
Akten enthüllt eine expressive Kraft von traditionellen Musikformen, insbesondere der Arie, des Ensembles und des Rezitativs, die neu eingekleidet den Vorgaben des neuen Ideals des Musikdramas entsprechen. Der Dramakonflikt spricht schon das orchestrale Vorspiel an, das zwei Leit(Gedächtnis-)motive aufzeigt. Zuerst das sehnsüchtige Thema Aidas Liebe, danach das kühle und durchdringende Thema der Geistlichen, Vertreter der ägyptischen Gesetze und der Moral. Im Laufe der Oper stellt sich noch
ein leidenschaftliches und unruhiges Motiv der Prinzessin Amneris vor.
Aida nimmt unter Verdis Opern auch wegen der Einschließung von Balletten, Märschen, großen Chören und pompösen Umzügen eine besondere Stelle ein, wobei sich der weiche italienische Lyrismus ideal mit dem Spektakelaspekt der französischen Grand Opéra verknüpft. Nebst dem äußerlichen Schein vergisst der Komponist doch nicht die psychologische Tiefe und die darauffolgende Überzeugungskraft seiner Figuren, die wundervoll durch einige außerordentliche melodische Einfälle charakterisiert werden,
wie z. B. Radames Romanze Celeste Aida, Aidas Arie Ritorna vincitor oder ihre Romanze O patria mia. Ähnlich wie in den Arien enthüllt sich die kreative Potenz des Komponisten auch in majestätischen und breit angesetzten Ensembleszenen.
Die nicht zu wiederholende Katarsis und Transzendenz der Liebe zeigt uns Verdi in seinem siegreichen Finale, das eines der kräftigsten Ausbrüche der instrumentalen Sprache des Komponisten darstellt: Ein Marsch mit einer breiten ausdrucksvollen Spannweite wird ausgedehnt zu einer offenen musikalischen Konfrontation von sechs Solisten und vier selbstständigen Chorgruppen. Die Oper Aida wird auf der großen Bühne in der Koproduktion von Cankarjev dom aus Ljubljana aufgeführt. Der Regisseur der
Vorstellung ist Pier-Francesco Maestrini, der sich dem Publikum schon mit einer ideenreichen Regie von Donizettis Liebestrank vorgestellt hatte.